Wenn in Peking das olympische Feuer erlischt, könnte Wladimir Putin den Befehl zum Angriff auf die Ukraine geben. Dann müsste er keine Rücksicht mehr nehmen auf Xi Jinping, den Gastgeber der Winterspiele, der als einziger Politiker von Rang Putin in seiner Konfrontation mit dem Westen unterstützt.
Wenn Putin denn überhaupt angreifen will und nicht nur einen gigantischen Bluff inszeniert. Möglicherweise hat er die letzte Entscheidung noch nicht getroffen. Die Vorbereitungen für einen Einmarsch aber sind so gut wie abgeschlossen. Putin hat fast 150.000 Soldaten im Norden, Osten und Süden der Ukraine zusammengezogen, darunter Pioniere und Sanitäter, und jede Menge schwere Waffen.
Am 20. Februar jedenfalls wird es vorbei sein mit dem prekären
olympischen Frieden. Kurz vor der Eröffnung der Spiele trafen sich Putin und Xi und
inszenierten eine brüderliche Solidarität, wie man sie zwischen Moskau und
Peking seit Jahrzehnten nicht gesehen hat.
China unterhält enge wirtschaftliche Kontakte zur Ukraine
Was die beiden Staatschefs verbindet, ist die Gegnerschaft zu den Vereinigten Staaten und der von ihnen geschaffenen und geschützten internationalen Ordnung. Putin und Xi setzen auf ein multipolares Gegenmodell, sie wollen der Supermacht Amerika von Gleich zu Gleich begegnen. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür bringt jedoch allenfalls China mit, Russland bleibt nur das destruktive Potenzial seines Militärs. Wobei das genügt, um sich Gehör zu verschaffen, wie Putin gerade beweist.
In Peking haben sich Putin und Xi gegenseitig Rückendeckung gegeben. China verteidigt Russlands Forderung nach "Sicherheitsgarantien" und die Ablehnung einer weiteren Ausdehnung der Nato. Dafür unterstützt Russland den chinesischen Anspruch auf Taiwan und kritisiert die Sicherheitspartnerschaft der USA mit Australien und Großbritannien (Aukus) im Indopazifik.
Allerdings hat die chinesisch-russische Solidarität ihre Grenzen. Das Wort "Ukraine" taucht in der langen Pekinger Erklärung nicht auf. China unterhält enge wirtschaftliche Kontakte zu dem von Russland bedrohten Land. Die Annexion der Krim hat Peking nie anerkannt, verstößt sie doch eklatant gegen das Prinzip der territorialen Integrität und nationalen Souveränität, auf das China pocht, wenn es um Xinjiang, Tibet, die Inseln im Ost- und im Südchinesischen Meer oder um Taiwan geht.
Nein, hier haben zwei Autokraten, die eine durch und durch nationalistische Politik verfolgen, ein klassisches Zweckbündnis geschlossen. Xis "chinesischer Traum" zielt auf die Wiederherstellung alter Größe, so wie Putin mit dem Verlangen nach russischen Einflusszonen imperialen Träumen nachhängt.
Kommentare
Putin_macht_sauber
#1 — vor 5 Monaten„ Für die Führung in Peking ist Putin nicht ebenbürtig, sie misst sich an den USA.“
Da hatte Obama wohl Recht damit, als er Russland als Regionalmacht bezeichnete.
Derax
#1.1 — vor 5 MonatenNatürlich hatte er Recht.
ihadadream
#2 — vor 5 MonatenWenn die beiden nur eine bösartige Opposition gegen den Westen zusammenhält, dann haben wir nichts zu befürchten, denn auf diesem Boden wächst nichts Gedeihliches.
politikigel
#2.1 — vor 5 MonatenLeider machen Sie Wirtschaftsverträge mit 60- 70 Jahren Gültigkeit. Und das betrifft in der Regel Rohstoffe jeder Art aus Russland. Die haben also Vertrauen zueinander.
frimoe
#3 — vor 5 MonatenDen Preis nach oben treiben können Putin und Xi auch. Aber den Preis wofür? Der "Westen" will den beiden doch gar nichts wegnehmen! Den Preis für die Sicherheit der Ukraine und Taiwan, Baltikum ...?
NikitaDerHund
#3.1 — vor 5 MonatenVon Russischer Seite ist es schlicht der Preis für Friede in Europa.
Sehr aufschlussreich die Perspektive Moskaus:
https://www.nytimes.com/2022…
Auszug, der Dekan der Russischen Hochschule für auswärtige Beziehungen des Außenministeriums: “What’s important is this suspense, this feeling of a prewar situation,” Mr. Sushentsov said. “People are spoiled by an overly long peace. They think of security as a given, as something that is attained for free, rather than something that must be negotiated. This is a mistake.”
Mit anderen Worten, wollen die Westeuropäer den Frieden genießen, müssen sie Moskau einen Preis dafür zahlen. Für Moskau ist also Krieg wieder Politik mit anderen Mitteln.
Jan Reiter
#4 — vor 5 MonatenJedes demokratische Land kann sich entscheiden - Mitglied in EU , NATO oder anderen Organisationen- oder allein gegen China oder Russland bestehen wollen.
Solidarität der demokratischen Staaten untereinander ist die bessere Lösung.
Paul B Max
#4.1 — vor 5 MonatenEntfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/rg