Im Krieg zwischen Rebellen und Regierungstruppen in Äthiopien hat der Anführer der abtrünnigen Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) den Rückzug verkündet. "Ich habe den Einheiten der Tigray-Armee, die sich außerhalb der Grenzen von Tigray befinden, befohlen, sich mit sofortiger Wirkung auf die Grenzen von Tigray zurückzuziehen", schrieb Debretsion Gebremichael an den UN-Generalsekretär António Guterres. Zuvor hatten die Rebellen, die im November in immer weitere Landesteile vorgerückt waren, zahlreiche Gebiete wieder an die äthiopische Armee verloren.
In seinem Schreiben an den UN-Generalsekretär schlug
der Anführer der Tigray-Kämpfer zudem eine Waffenruhe vor, der Verhandlungen folgen sollten.
Weitere Vorschläge beinhalten eine Flugverbotszone über der
umkämpften Region Tigray sowie die Verhängung eines internationalen
Waffenembargos gegen Äthiopien und Eritrea.
Geländegewinne der Regierungstruppen
In den vergangenen Wochen hatten die äthiopische Armee und deren Verbündete wichtige Städte in den tigrinischen Nachbarregionen Amhara und Afar zurückerobert, wodurch Kämpfer Tigrays gezwungen waren, sich weiter in ihre Region zurückzuziehen.
Getachew Reda, Sprecher der Region
Tigray, bestätigte die Vervollständigung des Abzugs. "Wir wollen die Tür für humanitäre Hilfe öffnen", sagte Reda der Nachrichtenagentur AFP. Die Rebellen seien zudem
der Ansicht, mit dem Schritt der internationalen Gemeinschaft mehr Druck auf Ministerpräsident Abiy Ahmed ermöglichen zu können. Ahmed hatte nach seiner Amtsübernahme und dem Versprechen, den schwelenden Konflikt mit der TPLF zu beenden, den Friedensnobelpreis erhalten. In den vergangenen Monaten war er jedoch mit Härte gegen die Tigray-Kämpfer vorgegangen und soll politische motivierte Verhaftungen befohlen haben.
Seine Sprecherin Billene Seyoum sagte, die jüngste Ankündigung der Rebellen diene der Vertuschung militärischer Niederlagen. "Die TPLF hat in den vergangenen Wochen schwere Niederlagen erlitten", sagte Seyoum. Daher erkläre die Gruppe nun einen "strategischen Rückzug". Es gebe aber weiterhin Rückzugsgebiete der TPLF in der an Tigray angrenzenden Region Amhara. Auch an anderen Fronten versuchten die Rebellen, den Konflikt erneut anzufachen.
UN vermutet Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten
Der UN-Menschenrechtsrat hatte am Freitag eine internationale Untersuchung zu möglichen Menschenrechtsverletzungen durch beide Konfliktparteien beschlossen. Seit Oktober hatten beide Seiten abwechselnd erhebliche Geländegewinne für sich beansprucht. Zeitweise erklärte die TPLF, sie stehe nur noch 200 Kilometer vor der Hauptstadt Addis Abeba.
Allerdings sind seit Beginn der Kämpfe auch nur wenige Informationen aus den betroffenen Gebieten nach außen gedrungen. Der Zugang von Pressevertretern ist sehr beschränkt, es gibt kaum Kommunikationsverbindungen in das Konfliktgebiet. Den Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch zufolge werden in der Region Amhara Zivilisten gefoltert und willkürlich verhaftet.
Zudem beklagten Hilfsorganisationen in den vergangenen Wochen bürokratische Hürden, durch die keine Hilfe nach Amhara vordringe. Rund 400.000 Menschen drohe dort der Hungertod, nach UN-Einschätzung benötigen insgesamt 9,4 Millionen Menschen Lebensmittelhilfe. Tausende Menschen sind bei den Kämpfen getötet worden, zwei Millionen Menschen wurden durch den Konflikt vertrieben.
Kommentare
Art 5 GG
#1 — vor 6 MonatenIch wünsche den Äthiopiern, dass sie bald wieder in Frieden miteinander leben können.
Jan Engelstädter
#2 — vor 6 Monaten"Miteinander" war, ist und wird unter verfeindeten Gemeinschaften schwer. Man sollte mMn, nicht nur in Äthiopien, nach Eigenständigkeit strebende Bevölkerungsteile in Frieden ziehen lassen.
Pantagruel
#2.1 — vor 6 Monaten"Man sollte mMn, nicht nur in Äthiopien, nach Eigenständigkeit strebende Bevölkerungsteile in Frieden ziehen lassen."
Dazu müsste man die Regionen erst einmal befrieden und danach die Bevölkerung befragen und entscheiden lassen, und nicht die Milizionäre, die meist eigene egoistische Interessen verfolgen und nur an die Macht und Geldtöpfe kommen wollen.
Contemplatah
#3 — vor 6 MonatenMenschen sind wirklich die dümmste aller Spezies.
Immer beginnen sie blutigste Kriege, immer und immer und immer und immer wieder.
Immer lassen sich viele dafür einspannen und begeistern, immer und immer und immer und immer wieder.
Und dann, wenn nur soviel Blut geflossen wurde, soviel Leid erlitten ist, dass es kaum jemand mehr irgendwie aushält, kommt allen dann wieder in den Sinn "Heya, Friedensbemühungen wären gar keine schlechte Idee!"
Bis zum nächsten Blutbad...
Alfredo Traviata
#3.1 — vor 6 MonatenSolange die Menschheit existiert, ging es bei Kriegen nie um "Die Menschen". Es waren bei allen Auseinandersetzungen einzelne Machtgierige, die den Ausschlag gaben. Könnte man die ausmerzen, gäbe es ewigen Frieden.
Was sollte der deutsche Weinbauer vom Rhein 1941 gegen den russischen Kristjanin oder sonst einen Muschik haben?
Swiffer
#3.2 — vor 6 MonatenWas, ja....
M. Einereiner
#3.3 — vor 6 MonatenNa, sehen Sie. Und Aktuell?
Eine interessante Abhandlung zur Kriegspropaganda.
https://de.wikipedia.org/wik…
Adabeizwei
#3.4 — vor 6 MonatenEntfernt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Redaktion/rg
Capo321
#4 — vor 6 MonatenSowohl der Artikel als auch die Kommentare lassen einiges zu wünschen übrig. Erstens hat Abi Ahmed den Nobelpreis nicht dafür bekommen, dass er "versprochen hat den schwelenden Konflikt mit der TPLF zu beenden". Er und der eritreische Präsident haben den Preis für die Herstellung des Friedens zwischen ihren Ländern erhalten.
Zweitens ist das kein "nach Eigenständigkeit strebender Bevölkerungsteil". Die TPLF ist die alte Elite, die eine illegale Wahl abgehalten hat und auf die militärische Drohung der Regierung mit einem Erstschlag reagierte. Die TPLF hat Jahrzehnte regiert, das Land arm gehalten und im ständigen Konflikt mit Eritrea. Denke nicht, dass die Bevölkerung da groß mitredet.
Was interessanter wäre, ist die Rolle der Amerikaner und der Chinesen. Es ist eigentümlich genug, dass die TPLF - die kurz nach ihrem Erstschlag in die Berge zurückgedrängt war und quasi als besiegt galt - plötzlich die Regierungstruppen bis zur Hauptstadt zurückdrängen kann. Während die USA Sanktionen gegen Äthiopien und Eritrea verhängen, einen Waffenstillstand und Verhandlungen fordern, weil diese zusammen Äthiopiens staatliche Integrität verteidigen.
Ich vermute, dass die TPFL - die ja lange mit den USA zusammengearbeitet hat - ausgerüstet wurde. Allerdings nicht gut genug, um gegen die chinesische Waffenlieferung zu bestehen, welche nach Besuch des chinesischen Außenministers kam.
Vermutlich ist Äthiopien einfach ein Teil des geopolitischen Schachspiels zwischen USA und China
Gelöschter Nutzer 12730
#4.1 — vor 6 MonatenUps. Das wäre dann aber ein journalistisches Schachmatt. Ein Hoch auf Ihren Kommentar.