Die Stierkampfarena Palacio Vistalegre in Madrid ist ein symbolischer Ort für die spanische Partei Podemos: Dort hielt sie im Oktober 2014 ihren Gründungskongress ab. Dort beschloss die Bewegung, den auf den öffentlichen Plätzen begonnenen Kampf gegen die Sparpolitik der konservativen Regierung und die "korrupten Eliten" auch institutionell weiterzuführen.
Und es lief gut für Podemos. Seit den Parlamentswahlen im Sommer 2016 sitzt die linke Bewegung mit 67 Abgeordneten im Nationalparlament, sie stellt die drittgrößte Fraktion hinter den Konservativen und den Sozialisten. In Spanien hat die Partei rund 400.000 eingetragene Anhänger. Wegen ihres unkonventionellen Wahlkampfs und ihres Machtanspruchs ist sie von vielen europäischen Linken bewundert worden.
Wenn die Basis von Podemos sich an diesem Wochenende zum zweiten großen Parteikongress versammelt, geht es für die spanische Linke dennoch um nichts weniger als ihre Existenz: Die Führung ist hoch nervös, es droht die Spaltung.
Vielleicht hilft der Witz eines erfahren Politikers, um zu verstehen, was das Problem ist: "Sperre sieben Linke in einen Raum, und es werden sieben konkurrierende Strömungen wieder herauskommen."
Der Bruderkampf ist nicht mehr abzuwenden
Bei Podemos sind es derzeit vor allem zwei Strömungen, die sich bekämpfen. Die Pablistas, Anhänger von Parteichef Pablo Iglesias, und die Errejonistas, die des Fraktionssprechers Íñigo Errejón. Es geht darum, wer in der Partei das Sagen hat.
Zwar hat Iglesias keinen Gegenkandidaten bei der Wiederwahl zum Generalsekretär, was in Deutschland der Funktion des Parteichefs entspricht. Aber er hat schon klargemacht, dass er abtreten wird, falls sich seine politischen und personellen Vorstellungen beim Parteikongress nicht durchsetzen sollten. Schließlich habe er keine Lust, nur ein dekoratives Element der Parteiführung zu sein.
Und so wird der lange schwelende Machtkampf am Wochenende auf offener Bühne ausgetragen werden. Die beiden jungen Politiker und ihre Anhänger werden um die Besetzung des Parteivorstandes und die programmatische Ausrichtung ringen. Der Richtungsstreit ist so verfahren, dass es auch nicht hilft, dass sich Errejón in dieser Woche bei einem Presseauftritt vor ein Bild setzte, auf dem er Pablo Iglesias umarmt. Und dass er Parteibasis mitteilte, sie könne auch beide Führungspersönlichkeiten als Tandem haben.
Iglesias, genervt von diesem Spielchen, ließ mitteilen: Der Bruch sei nicht zu übertünchen, schon gar nicht zu verstecken. Die Basis müsse sich zwischen einem von beiden entscheiden. Der Bruderkampf ist also eröffnet.
Stimme für die Frustrierten
Wann er begann, ist nicht einfach zu sagen. Iglesias und Errejón haben Podemos gemeinsam aufgebaut, die Intelligenz und Kompetenz der beiden hat die Bewegung zu dem gemacht, was sie heute ist. Sie ergänzten sich hervorragend, die Rollenverteilung schien eigentlich immer klar: Während der heute 38 Jahre alte Iglesias lange das charismatische Gesicht von Podemos war, der Profi der Zuspitzung und Medienauftritte und die unbestrittene Nummer eins der Partei, galt der 33-jährige Errejón eher als Denker im Hintergrund.
Errejón und Iglesias kennen sich von der Universität Complutense in Madrid, wo sie beide Politik studierten. 2014 fragte Iglesias Errejón, ob er den Europawahlkampf der neuen Partei organisieren wolle. Heute sitzt Podemos mit fünf Abgeordneten im Straßburger Parlament. Der Einzug galt als der erste große Erfolg der Partei, und Errejón mauserte sich zum Chefstrategen. Heute tritt er mindestens so oft im spanischen Radio oder Fernsehen auf wie Iglesias.
Lange waren sich die beiden auch einig über die politische Stoßrichtung:
Sowohl Iglesias als auch Errejón glaubten daran, dass die Protestbewegung des
15. Mai 2012, die Massendemonstrationen gegen die Spar- und Klientelpolitik der
"etablierten Parteien", kein ausschließlich linkes Phänomen war. Iglesias sagte
einmal, in den spanischen Innenstädten habe man eben nicht die
Gewerkschaften gesehen, wie sie auf der Straße die sozialen Rechte der Menschen
verteidigten. Die Massenproteste seien vielmehr Ausdruck der Frustration
der Mittelschicht gewesen. Diese Frustration gibt es nach
Überzeugung der Podemos-Gründer europaweit, sie kanalisiert sich nur unterschiedlich: In Frankreich im Front National, in Italien bei der
Fünf-Sterne-Bewegung.
Beide Politiker sprachen von einem "populistischen Momentum". Der
Überdruss der Bevölkerung spalte Spanien in die "Eliten" auf der einen
Seite und das "Volk" auf der anderen Seite. Und so sei der Weg frei
gewesen für eine Bewegung, die unter Beweis stelle, dass sie wirklich
die Stimme des Volkes sei: Podemos eben.
Kommentare
Santa Clara
#1 — 10. Februar 2017, 16:05 UhrPodemos wird es genauso gehen wie Syriza in GR. Erstmal muss alles den Bach runtergehen und alle anderen Parteien zusammen die Mehrheit verlieren. Erst dann wird Podemos regieren.
Es ist einfach nur noch peinlich, was da in ESP passiert. Dass ein Rachoy immer noch im Amt ist...Kopfschüttel.
konne
#1.1 — 10. Februar 2017, 16:57 Uhr"Dass ein Rachoy immer noch im Amt ist...Kopfschüttel."
Man sollte verstehen, dass Spanien immer noch im Bürgerkrieg ist. Hier stehen sich REchts und Links gegenüber. Solange sich beide Seiten nicht verzeihen wird auch der Bürger weiter Links oder Rechts wählen (je nachdem wo seine Vorfahren standen). Man braucht Podemos und Ciudadanos damit sich beide Seiten (PP und PSOE) annähern.
JeffCat
#2 — 10. Februar 2017, 16:08 UhrEntfernt. Bitte verzichten Sie auf Diffamierungen. Die Redaktion/ee
Dostoprimetschatelnosti
#2.1 — 10. Februar 2017, 16:26 UhrDer Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.
Herzeleide
#3 — 10. Februar 2017, 16:08 UhrWas Linke gerne anhaftet, dass sie selbst miteinander am meisten streiten können und einer dem anderen das Salz in die Suppe nicht gönnt, findet immer wieder Bestätigung.
Ist einer dann nolens volens irgendwo mal an der Macht, sitzen seine größten Feinde keineswegs in der Opposition. Das macht die linken Herzchen von Natur aus unsympathischer, als die joviale Fairness konservativer Parteien und ihre Loyalität ihren jeweiligen Chefs gegenüber.
skjoell
#3.1 — 10. Februar 2017, 17:05 UhrEs macht die rechten, Verzeihung, konservativen "Herzchen" deutlich unsympathischer als die Linken, dass es den Rechten sehr viel mehr um bloße Macht geht und sie darum auf Inhalte pfeifen, solange sie nur linke Politik verhindern können. Logisch, dass man mit "weiter so" als einzigem Ziel weniger Konflikte hat.
brauner_atze
#4 — 10. Februar 2017, 16:12 UhrAlles Sozialdemokraten, wer was anderes erwartet sollte ein Blick in die Geschichtsbücher werfen!