Anlässlich des 80. Jahrestages der Wannseekonferenz haben Deutschland und Israel eine gemeinsame Resolution gegen Holocaustleugnung bei den Vereinten Nationen (UN) angekündigt. Die Fakten der Shoah würden noch immer abgestritten, schrieben die deutsche Botschafterin in Israel, Susanne Wasum-Rainer, und der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel und die israelische Tageszeitung Maariv.
Die Leugnung und Trivialisierung des Holocausts sei nicht nur unter politisch Radikalen verbreitet, sondern ein gesellschaftliches und internationales Phänomen. Die Resolution solle "ein Zeichen der Hoffnung und der Inspiration für alle Staaten und Gesellschaften sein, die für Vielfalt und Toleranz einstehen, nach Versöhnung streben und verstehen, dass die Erinnerung an den Holocaust unabdingbar dafür ist, dass sich derartige Verbrechen nicht wiederholen", schreiben die beiden Diplomaten in dem Gastbeitrag.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte zuvor eine Mitschuld des Auswärtigen Amts am Leiden der Juden eingeräumt: "An ihrem Leid tragen auch Beamtinnen und Beamte des Auswärtigen Amts Schuld, die sich in den Dienst von Verbrechen und Völkermord des Naziregimes gestellt haben", sagte Baerbock zum Jahrestag der Wannseekonferenz. Wer im Staatsdienst Verantwortung trage, müsse zuallererst dem Recht und der Menschlichkeit verpflichtet sein, nicht der Macht. "Dieses Kapitel der Geschichte muss uns ein Ansporn sein: Nie wieder darf so etwas geschehen."
Holocaustleugnung soll stärker bekämpft werden
Bei der sogenannten Wannseekonferenz hatten am 20. Januar 1942 hohe Nazifunktionäre über die systematische Ermordung von bis zu elf Millionen Juden Europas beraten. Ziel der Besprechung in einer Villa am Berliner Wannsee war es, die Umsetzung des Völkermords zu beschleunigen. Sie gilt als eines der Schlüsseldaten des Holocausts.
Die Botschafter beschrieben die Leugnung historischer Fakten als Angriff auf die Opfer der Vernichtung und ihre Nachkommen, auf Jüdinnen und Juden in aller Welt und den Staat Israel sowie als Angriff "auf die Grundbedingung friedlicher Gesellschaften und friedlichen Zusammenlebens weltweit". Sie schlugen zudem Maßnahmen zur Bekämpfung vor, wie etwa eine einheitliche Definition von Antisemitismus, Investitionen in Bildung und Aufklärung sowie Maßnahmen, um die Infragestellung und Relativierung des Holocausts in den sozialen Medien zu verhindern.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sprach sich für Pflichtbesuche für angehende Lehrer und Lehrerinnen im Haus der Wannseekonferenz oder KZ-Gedenkstätten aus. "Ich setze mich daher dafür ein, dass die Auseinandersetzung mit der Shoah und mit Antisemitismus bundesweit ein verpflichtender Bestandteil des Lehramtsstudiums wird", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe und bezeichnete Pflichtbesuche als wichtigen Beitrag gegen den wieder erstarkenden Antisemitismus. Schüler könnten die heutige Gesellschaft nur verstehen, wenn ihnen die deutsche Geschichte bewusst sei.
Kommentare
Herr Kömmlich
#1 — vor 4 MonatenGute Sache. Leider trifft man im Internet immer noch recht häufig auf Leugnung und Relativierungen. Selbst auf populären, eigentlich unbedenklichen Seiten.
Dr. Schiwago XI
#1.1 — vor 4 MonatenEntfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/jb
Darth Nihilus
#2 — vor 4 MonatenWer noch (oder wieder) irgendwie im Zweifel sein sollte, wie wichtig es ist das Gedenken zu erhalten, das Bewusstsein gegen diese unsägliche Staatsverbrechen weiter gegen allfällige Menschenrechtsaufweichungen zu stellen, der/m sei heute am 80. Jahrestag nochmal das Eichmann Protokoll aus Wannsee nochmals ans Herz gelegt:
„Unter entsprechender Leitung sollen im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird entsprechend behandelt werden müssen.“
https://www.deutschlandfunk.…
John Savage
#2.1 — vor 4 MonatenSie haben absolut recht: Das Wannsee-Protokoll sollte wirklich jeder kennen. Den besten Lerneffekt bei jungen Menschen hat es, wenn man es übersetzen lässt in das, was es wirklich bedeutete:
=> „Unter menschenunwürdigen Bedingungen und überwacht von einer skrupellosen SS sollen im Zuge des Planes einer letztlichen Vernichtung aller Juden diese im Osten Zwangsarbeit leisten müssen.
Diese Arbeit muss so hart sein, dass daran die meisten jüdischen Zwangsarbeiter elendig krepieren.
Wer die mit unsäglichen Qualen verbundene Zwangsarbeit überlebt, wird sodann ermordet.“
Ob wir für solche Erkenntnisse wirklich mehr Geld und noch mehr Aufklärung brauchen, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Siehe: https://zeit.disable.pw/politik/…
Die Lehrpläne in den Schulen sind bereits in sehr vielen Fächern mit dem Thema verknüpft. Das kann so weit gehen, dass es den Schülern wieder „zu den Ohren rauskommt“. Einige können es dann nicht mehr hören, andere wollen es schließlich auch nicht mehr hören und machen dicht.
Ich würde eher empfehlen, dem Thema einen großen, aber nicht zu großen Rahmen zu geben. Lieber intensiv vermitteln - z.B. durch den Besuch eines Konzentrationslagers - als immer und immer und immer wieder auf einer oberflächlichen Ebene.
Meeresfreund
#3 — vor 4 MonatenWir heute lebenden tragen die Verantwortung dafür, dass sowas hier in Deutschland nie wieder passieren kann.
Gegen Antisemitismus und Rassismus ist mit deutlichen Taten und Worten vorzugehen.
Dabei darf es keine Rolle spielen woher dies kommt.
Ich denke aber, dass die Leugnung des Holocauses in Deutschland durch hier geborene und aufgewachsene Menschen aber, bis auf ein paar unverbesserlichen, recht gering ist.
Ein Problem sehe ich darin, dass Kritik z.B. gegen die Siedlungspolitik Israels gerne mit Antisemitismus gleichgesetzt wird oder zumindest in die Nähe gerückt wird.
Studi1898
#3.1 — vor 4 MonatenEs bleibt eben selten bei Kritik an der israelischen Regierung, sondern wird zu Kritik an "Israel" insgesamt, wobei doppelte Standards, Dämonisierung und Delegitimierung angewandt werden. Das wiederum markiert den modernen Antisemitismus im Gewande der "Israelkritik".
DasImperiumspieltverrückt
#4 — vor 4 MonatenEntfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/jb
Dandefoe
#4.1 — vor 4 MonatenDer Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.