Ego: Da bewegt sich dieses Land mal in die richtige, in die leistungsorientierte Richtung und schon bildet sich die Gegenbewegung.
Alter Ego: Kannst du bitte ein Beispiel nennen. Sonst klingt das allzu sehr nach neoliberaler Fabulierkunst.
Ego: Immer schön langsam.
Alter Ego: Langsam? Du willst doch alles beschleunigen.
Ego: Du bist aber aggressiv. Also schön. Ein Beispiel ist die Schulpolitik. Endlich wird die Zahl der Jahre am Gymnasium auf acht reduziert, wie das andere Industrieländer erfolgreich vormachen. Doch weil dabei nicht alles sofort funktioniert, bekommen die Gegner immer mehr Zulauf. Die Deutschen sind Meister im Kaputtreden vernünftiger Reformansätze.
Alter Ego: Nicht alles sofort funktioniert? Du bist gut. Da ist die neoliberale Tonnenideologie fehlgeschlagen. Man hat, beispielsweise in Hamburg, die ganzen Lehrinhalte aus neun Jahren in acht Jahre gezwängt und noch neue Anforderungen hinzugepackt. Wahnsinn!
Ego: Tonnenideologien sind eher Sache der Linken. Aber egal. Es war jedenfalls ein Fehler, ohne jede Fantasie einfach an alten Lehrplänen festzuhalten. Die Schüler sollen nicht nur büffeln. Leistung heißt auch zu explorieren, zu experimentieren und zu lernen, wie man lernt. Den Fehler kann man aber korrigieren, wenn man als Lehrer und Lehrplaner willig und fantasievoll ist.
Kommentare
praenki
#1 — 11. April 2008, 12:53 UhrNa ja...
Richtig festgestellt worden ist, dass zu früh sortiert wird, falsch ist, dass nach dieser Sortierung der Weg in jedes andere System auf ewig verbaut ist. Aber so zementiert, wie oft gesagt, ist das System nun auch nicht. Man müsste (auch als Eltern und Schüler selbst) nur die Möglichkeiten nutzen, die einem geboten werden. Leider herrscht dort oft Mythologie und Unwissen. Jeder Real- und Hauptschüler kann spätestens nach der 10. Klasse einen Schul-/Ausbildungsweg wählen, der nicht über das klassische Gymnasium zur (Fach-)Hochschulreife führt. Man muss nur wissen wie.
Das sage ich übrigens als ausgesprochener Freund der Gesamt-/Gemeinschaftsschule. Nur, dass da keine Missverständnisse aufkommen.
lorena5
#2 — 11. April 2008, 15:00 UhrKinder nur für Unprivilegierte
Lese im Artikel:
"und gewinnen werden vor allem diejenigen Kinder, die von zu Hause aus schon bevorteilt sind."
Nur ist es ja leider so, dass es diese Kinder zunehmend nicht gibt. Kinderkriegen ist eine Sache der Benachteiligten, denn die anderen haben dafür keine Zeit, weil dort die potenziellen Papis und Mamis beide arbeiten gehen müssen. Angeblich sollen Beruf und Familie zwar vereinbar sein, aber das sieht ein(e) privilegierte(r) Lufthansa-Pilot(in) mit der Strecke Frankfurt-Caracas wohl etwas anders, oder?
Ich finde es lustig, Gutmenschensätze wie "Bildung nur für Privilegierte" zu lesen, wenn das eigentliche Problem schon davor ist: "Kinder nur für Unprivilegierte".
WIHE
#3 — 11. April 2008, 15:16 UhrMit einer Gymnasialzeit von
Mit einer Gymnasialzeit von 9 Jahren sind wir Exportweltmeister geworden. Geschadet haben 9 Jahre Gymnasium jedenfalls nicht. Nun imitieren wir das System der Nichtexportweltmeister genau wie bei Bachelor und Master. Dass dieses Nachmachen wirklich von Nutzen sind, beweifele ich stark. Wir sind zu wenig selbstbewußt, deshalb sind wir sogar dabei, die eigene Sprache aufzugeben.
tom310
#4 — 11. April 2008, 15:20 UhrSchule find ich gut! Du auch?
Das Schlimmste am "Turbo"-Abitur ist wohl die Tatsache, dass die Eltern der Betroffenen das so nicht erleben mussten: Früher war alles besser.
Das es jetzt Lehrplanchaos gibt, liegt nicht an den acht Jahren Abitur, das liegt an der mangelhaften Anpassung der Lehrpläne. Andererseits kann nicht alles auf Anhieb funktionieren, vielleicht sollte man auch etwas Geduld haben, die Lehrer müssen das auch erst mal lernen.
Dennoch verstehe ich das ganze Diskussion nicht. In meiner Schulzeit haben die Klassenbesten den Klassenschwächsten Nachhilfe gegeben. Dafür gab es mal ein Eis, das war nicht so teuer. Und Sozialkompetenz gabs obendrauf.
Ich hatte in meiner Schulzeit bis zu 49 (neunundvierzig) Stunden pro Wochen (inkl. einiger Kursangebote). Am Wochenende habe ich mein Taschengeld verdient. Und ich hatte trotzdem Zeit für Freunde und mich selbst. Natürlich nicht für Babara Salesch oder Oliver Geisen.
Vor zwei Jahren hatte ich einen Russland-Aufenthalt. Und was die in zehn Jahren Schule gelernt haben, dafür brauchte ich gleich noch ein Studium.
Was funktioniert nicht?
In fast allen Ländern ist die Schulzeit bei 12 Jahren oder weniger und sie schaffen es auch. Aufgrund der geringen Wochenarbeitszeit in Deutschland sollten Eltern auch mehr Zeit für ihren Nachwuchs haben, um z.B. bei den Hausaufgaben zu helfen. Dümmer als der Nachwuchs in unseren Nachbarländern sind wir auch nicht.
Die Trennung der Schüler nach der Klasse vier ist nur eine Ausrede aber kein Grund. Mit Freude lese ich Artikel über Grunschüler, die sich für Natur, Umweltschutz, Technik und Naturwissenschaften interessieren. Vorausetzung war aber immer, dass das Schul- und das private Umfeld mitmachen (Geld ist da nicht mal wichtig). Das Sprache wichtig ist, scheint man ja schon langsam begriffen zu haben.
Doch das nützt alles nichts, wenn man das Entscheidende vom PISA-Sieger Finnland nicht umsetzt: Die Schule als Leuchtturm in der Gesellschaft und nicht als der Ort an dem man sein Kind zugrunde richtet. Das verlangt vor allem, dass Eltern ihre Einstellung zur Schule deutlich positiver betrachten (vor allem gegenüber dem schulpflichtigen Nachwuchs) und sich auch dafür engagieren. Das verlangt Lehrer die respektiert werden, aber auch respektieren.
Denn eines sollte niemand vergessen: Kinder wollen lernen.